So geht’s: NLS mit GT3-, GT4- und TCR-Fahrzeugen

Die Nürburgring Langstrecken-Serie vereint viele Elemente, die sie sowohl für Fahrer als auch Teams sehr attraktiv macht. Zum einen ist es das kompakte Format mit der Möglichkeit der Einstellfahrten am Freitag, dem Zeittraining am Samstagmorgen und den Rennstart am Samstagmittag, welches seit 1977 für Begeisterung sorgt. Der Sonntag gehört bei vielen Piloten und Mechanikern schon wieder der Familie.

Fahrzeiten zwischen 5,5 und 7,5 Stunden pro Rennveranstaltung in Kombination mit attraktiven Nenngebühren bieten den Teams viele Vorzüge und Vermarktungsmöglichkeiten auf der schönsten Rennstrecke der Welt.

Während dieses Konzept vielen Teams national sowie international bekannt ist, birgt die Klassenstruktur der NLS gerade bei Neueinsteigern Potential für Missverständnisse, mit denen wir hier in Part eins unserer neuen Serie „So geht’s“ ein wenig aufräumen möchten.

Das erste Interview erklärt, wie einfach Neulinge in den Kategorien GT3, GT4 und TCR – drei weltweit anerkannte Reglements – an den Start zu gehen können. Das VLN-Technik-Trio Wolf von Barby, Mario Hermani und Sebastian Schuricht zeigt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Beginnen wir grundlegend mit dem SP-Reglement, wo in der NLS die Klassen SP9 (GT3) und SP10 (GT4) eingeordnet sind. Was ist der Hintergrund?

Wolf: Das Specials-Reglement wurde Ende der 1990er-Jahre vom ADAC Nordrhein ins Leben gerufen, um einer großen Anzahl an Fahrzeugen die Teilnahme beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring zu ermöglichen. Die NLS hat das Reglement unmittelbar auch für die eigenen Rennen genutzt. Die Hoheit über das Reglement liegt unverändert beim ADAC Nordrhein. Als dann die GT3- und GT4-Fahrzeuge aufkamen, wurden diese Klassen in das Specials-Reglement eingemeindet. Im Fall der GT3 mit minimalen Veränderungen gegenüber dem internationalen Standard, um den speziellen Anforderungen der Nordschleife gerecht zu werden. Die GT4 wurde nahezu unverändert übernommen, weil es sich um recht seriennahe Fahrzeuge handelt.

Die Reglements GT3, GT4 und TCR kommen weltweit zur Anwendung. In der Nürburgring Langstrecken-Serie sind sie in den Klassen SP9, SP10 und TCR startberechtigt. Wie einfach ist es, mit diesen Boliden an den Start zu gehen?

Mario: Vor allem bei den GT4-Fahrzeugen ist das simpel. Einfach eine Nennung in der Klasse SP10 abgeben. Und schon kann man fast fahren.

Sebastian: Das sind wirklich nur Kleinigkeiten, die man von technischer Seite im Hinterkopf haben muss. Am Nürburgring gibt es ja recht strikte Lautstärkenbeschränkungen. Darauf muss man achten. Die Maximallautstärke beträgt 130 dB(A) nach LWA-Verfahren und 98 dB(A) nach LP-Verfahren. Aber von den meisten Herstellern gibt es entsprechende Auspuffanlagen, die dem gerecht werden.

Es gab vor Jahren mal Probleme mit den GPS-Antennen, die bei uns zur Überwachung der Geschwindigkeitsvorschriften in Gefahrensituationen usw. zum Einsatz kommen…

Wolf: Das ist kein Problem mehr. Früher mussten die Antennen mit einer Halteplatte auf das Dach geschraubt werden. Das hat bei einigen Fahrzeugen zu Problemen mit der Homologation, respektive der Zulassung nach StVo geführt. Die Geschichte ist aber vom Tisch. Es gibt mittlerweile sehr gute Klebstoffe, um die Halterung auf dem Dach sicher anzubringen. Das Kabel kann dann einfach durch die Tür ins Fahrzeuginnere hineingeführt werden.

Was gibt es in Sachen Fahrwerk, Sicherheitseinrichtungen usw. zu beachten?

Sebastian: Wirklich nichts. Die Fahrzeuge sind auf einem sehr hohen Level homologiert. Was das Fahrwerk anbelangt, sind bei einigen Modellen gewisse Komponenten freigestellt. Aber damit kennen sich GT4-Teams in der Regel sehr gut aus. Die erstellen sich mit den vorhandenen Mitteln auch perfekte Setups für die unterschiedlichsten Rennstrecken.

Wie sieht es mit den Reifen in der SP10 aus?

Mario: Das ist bei uns eine Besonderheit gegenüber allen mir bekannten Serien für GT4-Fahrzeuge. Bei uns gibt es in der SP10 und der SP9 (GT3) keinen vorgeschriebenen Reifenhersteller, also einen Einheitsreifen den alle fahren müssen. Nur die Dimensionen der Pneus müssen mit denen der Homologation übereinstimmen.

Wolf: Eine kleine Hürde gibt es dennoch…

Welche?

Wolf: Alle Fahrzeuge der Klassen SP9, SP10 und TCR sind bei uns sogenannte Permit-A-Klassen. Das heißt, man muss über die „große“ Nordschleifen Lizenz verfügen. Bevor man die beantragen kann, muss man zwei Rennen, umgerechnet 18 oder 24 Runden je nach Vorqualifikation und Einstufung, mit einem kleineren Permit-B-Fahrzeug absolviert haben.

Ich erinnere mich, dass es auch mal ein GT4-Fahrzeug gegeben hat, das man mit einer Permit B fahren konnte…

Mario: Das war vor einigen Jahren ein Aston Martin. Die Aerodynamik wurde beschnitten, die Leistung reduziert, so dass das Leistungsgewicht der Permit B eingehalten wurde. Das wäre prinzipiell auch heute noch möglich, denn wenn das Fahrzeug nicht mehr zu hundert Prozent dem GT4-Reglement entspricht, haben wir andere Klassen, wo man hin ausweichen könnte. Dies muss aber alles im Vorfeld geklärt sein, was die Machbarkeit anbelangt. Pauschal kann man das nicht sagen.

Wir haben nun viel über die GT4 gesprochen. Lasst uns die Thematik mal bei GT3-Fahrzeugen beleuchten.

Wolf: Es gibt ein paar Unterschiede. Im Grunde genommen ist es aber ähnlich einfach. Auch hier ist die Lautstärke ein Thema. Von einigen Herstellern gibt es sogar spezielle Nordschleifen-Kits für GT3-Fahrzeuge, die ebenfalls homologiert sind. Allerdings müssen sich GT3-Teams vor der Nennung mit dem ADAC Nordrhein, der in der Klasse SP9 die Hoheit über das Reglement hat, und der Technikkommission kurzschließen, damit das Fahrzeug in die hier weitaus komplexere ‚Balance of Performance‘ eingestuft werden kann. Auch wenn die Reifen auch in der GT3 freigestellt sind, gibt es Regularien dazu.

Aber auch hier gilt: Wenn ein internationales Team mit einem GT3 in der NLS fahren möchte, ist dies problemlos möglich?

Sebastian: Für Teams, die auf diesem Niveau agieren, sind die Vorgaben keine große Hürde. Wenn ein Fahrzeug aktuell homologiert ist, kann es auch bei uns fahren.

Speziell wird es bei den TCR-Fahrzeugen. Da haben wir als NLS ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Serien.

Mario: Ja. Wir sind die einzige Serie, in der sowohl aktuelle als auch ältere TCR-Fahrzeuge in einer Klasse an den Start gehen können. Wir regeln das bei den neuen Fahrzeugen über die Leistungswahlschalter, die wir dann an die Performance der älteren Generationen angleichen.

Sebastian: Zudem sind wir die einzige Serie, in der es nicht zwingend notwendig ist, Motoren im Werk revidieren zu lassen. Gerade für die ausgelaufenen Modelle gibt es Spezialisten, die diesen Job erledigen. Danach kommen die Fahrzeuge bei uns auf den Prüfstand und werden verplombt.

Die TCR-Klasse hat also nach wie vor viel Potenzial?

Wolf: Ja. Es gibt einen großen Markt an TCR-Fahrzeugen weltweit – und alle Modelle sind bei uns willkommen. Von der Technik her sind die Autos auf Langlebigkeit bei überschaubaren Kosten ausgelegt. Speziell auf der Nordschleife bieten sie eine Menge Fahrspaß.

In der TCR gibt es jedoch eine Herstellerbindung in Sachen Reifen, oder?

Mario: Ja. Wir haben unsere Teams gefragt und diese haben sich mehrheitlich für Dunlop-Reifen seinerzeit entschieden, was ja nun in Goodyear übergegangen ist.

Die Serie „So geht’s“ werden wir künftig in losen Zeitabschnitten fortführen. Interessiert Euch ein spezielles Thema, das wir näher beleuchten können? Falls ja, schreibt eine E-Mail an feedback@vln.de.