2006 stimmte Herbert Grönemeyer mit dem Song „Zeit, dass sich was dreht“ auf die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland ein. Jahre später ist die Liedzeile Sinnbild für die Situation im deutschen Motorsport. Endlich geht es wieder rund und die Vorfreude ist bei allen Beteiligten riesig. 14 Wochen später als ursprünglich geplant startet die Nürburgring Langstrecken-Serie endlich in die Saison 2020. Die 51. Adenauer ADAC Rundstrecken-Trophy ist am 27. Juni die erste Motorsportveranstaltung in Deutschland nach dem Corona-Lockdown. 141 Rennfahrzeuge werden am Samstag pünktlich um 12 Uhr die schönste und schwierigste Rennstrecke der Welt unter die Räder nehmen. Mit dabei ist alles, was Rang und Namen hat. Eines werden die Protagonisten jedoch schmerzlich vermissen: die Fans an der Strecke und im Fahrerlager.
„Das ist eine schwierige Situation“, sagt Christian Stephani, Geschäftsführer VLN VV GmbH & Co. KG. „Normalerweise würden wir jetzt die Zuschauer dazu auffordern, am Samstag möglichst zahlreich an den Nürburgring zu kommen, um gemeinsam mit uns ein Motorsportfest par excellence zu feiern. Aktuell machen wir allerdings leider genau das Gegenteil und bitten alle ausdrücklich, daheim zu bleiben.“ Um den Zuschauern das Auftaktrennen bestmöglich nach Hause zu transportieren, wird der Livestream – unter anderem ab 08:15 Uhr auf www.VLN.de und YouTube – mit der Goodyear-Fanzone weiter aufgewertet. Stephani: „Geplant sind Gewinnspiele und Interaktion über unsere Social-Media-Kanäle. In der Goodyear-Lounge werden unsere beiden Moderatoren Patrick Simon und Oliver Martini auch Interviewgäste empfangen. Die Fans können sich an den heimischen Bildschirmen also nicht nur auf jede Menge Rennaction gefasst machen, sondern dank unseres Partners Goodyear auch auf ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm.“
Welches Team wird in die Geschichte eingehen?
Die Sieger dieses Rennens werden in die Geschichte eingehen. Noch lange wird man sich an das erste „Corona-Rennen“ erinnern. Dementsprechend groß ist der Andrang in der Königsklasse der Nürburgring Langstrecken-Serie. 20 GT3-Boliden stehen in der vorläufigen Teilnehmerliste. Mit Audi R8 LMS gehen die Teams EFP Car Collection by TECE, Phoenix-Racing und équipe Vitesse an den Start. Auf BMW M6 GT3 setzen ROWE Racing und Walkenhorst Motorsport. Italienisches Flair bringen Octane 126 und racing one mit dem Ferrari 488 GT3 in die Eifel. Die Sternenflotte bilden die Mercedes-AMG Teams GetSpeed und HRT mit insgesamt vier Mercedes-AMG GT3. Last but not least setzen Falken Motorsports, Huber Motorsport, Frikadelli Racing und Manthey-Racing insgesamt fünf Porsche 911 GT3 R ein. Auch seitens der beteiligten Fahrer haben viele rund um den Nürburgring Rang und Namen. Im Kampf um den ersten Rennsieg ist also Spannung vorprogrammiert.
Starke Klassen versprechen packenden Motorsport im Mittelfeld
Mit ebenfalls 20 Fahrzeugen ist die Klasse V4 (VLN-Produktionswagen bis 2.500 ccm Hubraum) bärenstark besetzt. Hier tummeln sich ambitionierte Amateurrennfahrer, die beherzt um den Klassensieg kämpfen. 2018 war die V4 mit den Fahrern Christopher Rink, Danny Brink und Philipp Leisen im BMW 325i die Meisterklasse. Und das Trio des Pixum CFN Team Adrenalin Motorsport stellt sich auch in diesem Jahr wieder geschlossen dem Wettbewerb.
Abwechslungsreich geht es 2020 in der Klasse VT2 (VLN-Produktionswagen bis 2.000 ccm Hubraum mit Turbo) zu. Hier treffen verschiedene Fahrzeugkonzepte aufeinander. Natürlich darf BMW, die erfolgreichste Marke in der NLS-Geschichte, mit dem 330i nicht fehlen. Die Herausforderer sind Hyundai I30, Mercedes-Benz C300, Renault Mégane RS, Opel Astra OPC sowie Volkswagen Golf VII RS und Scirocco R. Genauso bunt wie die Bandbreite an unterschiedlichen Fahrzeugmodellen ist auch die Zahl der einsetzenden Teams. Neben dem Pixum CFN Team Adrenalin Motorsport und Team AVIA Sorg Rennsport die in den vergangenen Jahren um die Meisterschaft kämpften, sind auch Manheller Racing, Keeevin Sports & Racing, mathilda racing, GITI Tire Motorsport by WS Racing, FK Performance Motorsport, JS Competition und das Liqui MolyTeam Engstler in der VT2 am Start.
In der Nürburgring Langstrecken-Serie werden die Punkte nach einer bewährten Formel vergeben: Wer die meisten Teilnehmer im Rennen hinter sich lässt, erhält die meisten Punkte. Somit sind die V4 und VT2 kein Geheimtipp, wenn es am Ende um die Frage geht, welche Klasse den Meister stellt.
Für das Salz in der Suppe sorgen die Cup-Klassen in der Nürburgring Langstrecken-Serie. Auch 2020 bieten BMW M240i Racing Cup, Cayman GT4 Trophy by Manthey-Racing und KTM X-BOW Cup powered by Michelin sehenswerten Motorsport, den hier stehen mit identischem Material die Fahrer mehr im Vordergrund als in allen anderen Klassen des Nordschleifen-Championats.
Rennen unter erschwerten Bedingungen fordert Kompromissbereitschaft der Teilnehmer
Das erste NLS-Rennen 2020 findet in Zeiten der Corona-Pandemie unter besonderen Voraussetzungen statt. Ein umfangreiches Hygienekonzept der VLN, das gemeinsam mit der ILN (Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring) verfeinert wurde, ist der Grundstein für die Durchführung. Neben dem Verbot von Zuschauern an der Rennstrecke und der strikten Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln, ist vor allem die Boxengasse ein Novum. Um Kontakte zu minimieren, wurden im Fahrerlager des Nürburgrings mit Betonelementen insgesamt 71 Parzellen mit einer Größe von 6 x 20 Metern aufgebaut, in denen die Teams voneinander getrennt und unter freiem Himmel an den Rennfahrzeugen arbeiten können. Der Fahrweg beim Boxenstopp führt durch die normale Boxeneinfahrt, dann durch Box 1 in das Fahrerlager, in einer Schleife mit Wendekreisel durch das Fahrerlager hindurch und durch Box 2 wieder in die normale Boxengasse zurück, wo schließlich vor der Ausfahrt auf die Rennstrecke getankt werden kann.
In einem Teilnehmerrundschreiben wandte sich Michael Bork, Leiter Sport und Renndirektor der VLN, in der Woche vor dem Rennen mit einem Appell an die Teams: „Vor uns liegt ein Renntag, wie es ihn so in der langen Geschichte der Nürburgring Langstrecken-Serie noch nicht gegeben hat. Ein Rennen unter diesen besonderen Bedingungen fordert von uns allen eine große Flexibilität und Kompromissbereitschaft. Wir alle werden gewohnte Strukturen verlassen und uns mit geänderten Abläufen auseinandersetzen müssen.“ Ausdrücklich bat er die Teams: „Haltet Euch an die Regeln, seid solidarisch, fair und kameradschaftlich im Umgang miteinander und habt nicht stets nur Euren eigenen Vorteil im Auge.“