racing one macht einen Riesensprung in die SP9 – Teamchef Martin Kohlhaas im Interview

Seit 2011 sorgt ein italienischer Sportwagen auf der Nordschleife für leuchtende Augen und strahlende Gesichter bei den Motorsport-Fans in der Eifel. 2018 hatte das Team von racing one mit dem Ferrari 458 ein überragendes Jahr. Die #139 gewann in der Klasse SP8 alle neun Rennen. Eine glanzvolle Leistung des PS-getränkten Pferdes aus Maranello. 2020 macht das Cavallino Rampante einen Riesensprung, wie Teamchef Martin Kohlhaas im Interview mit VLN.de berichtet. racing one sucht nach zahlreichen Erfolgen eine neue Herausforderung und fährt mit einem Ferrari 488 GT3 Evo in der kommenden Saison der Nürburgring Langstrecken-Serie in der Königsklasse, der SP9.

Martin, wenn Du auf die letzten Jahre mit dem Ferrari in der VLN zurückblickst, an was erinnerst Du dich besonders?
Mit dem Thema Ferrari beschäftigen wir uns bei racing one seit dem Jahre 2011. Wir sind damals auch recht zügig mit dem Ferrari in die VLN gekommen. In den letzten Jahren haben wir in der Grünen Hölle immer mit dem Modell 458 gearbeitet. Die letzten beiden Jahren hatten wir das Chassis gewechselt. Die #139 mit dem weiß-blauen Hella-Pagid-Design war unser erfolgreichstes Auto. 2019 hatten wir zu Beginn leider ein paar Unfälle, wir haben aber dennoch in den letzten vier Rennen die Klasse jeweils gewonnen. 2018 haben wir ja sogar um die Meisterschaft gekämpft und mit 14 Siegen in Serie einen VLN-Rekord aufgestellt. Das war der Punkt, an dem wir uns gesagt haben, wir haben mit diesem Modell 458 alles erreicht, wir müssen etwas Neues beginnen.

Nun startet Ihr in der kommenden Saison der Nürburgring Langstrecken-Serie in der höchsten Klasse, in der SP9. Ihr messt Euch mit prominenten Piloten und starken Performance-Teams. Wie kam es dazu?
Wir wollten auf keinen Fall die Marke wechseln. racing one wird und wurde in der VLN und auf der Nordschleife mit Ferrari verbunden. Nun wechseln wir auf das Modell 488, das 2020-Auto mit dem Evo-Paket. Der neue Ferrari passt mit dem Turbo und aufgrund der Leistung nicht in die SP8-Klasse. Und so ist der Entschluss in den letzten Monaten gereift. Wir haben uns gesagt, dann lass uns direkt einen GT3 an den Start bringen. Der 458 war am Ende ohnehin nicht mehr weit weg von einem reinrassigen GT3. Jetzt steht es fest. Das ist natürlich für uns ein Riesensprung.

Wurde es Euch in der SP8 aufgrund der Siegesserie eventuell auch auf Dauer zu langweilig?
Nein, die Siege haben wir ja nicht geschenkt bekommen. Wir haben uns zwar oft mehr Starter in unserer Klasse gewünscht, aber die Starter, die da waren, wie im letzten Jahr der Porsche 911 GT3 Cup MR, das waren auch richtige Waffen. Das hat dann auch Spaß gemacht. Es geht einfach nur um das Auto, wir haben mit dem Fahrzeug so viel erreicht. Der Stellenwert der VLN ist bei Ferrari auch sehr hoch. Stephan Köhler, Christian Kohlhaas und Mike Jäger sind jetzt dreimal in Folge in Italien als eine der weltbesten GT-Piloten der Marke geehrt worden. Das war der Ritterschlag. Der 458 ist ein altes Modell. Das Thema ist abgeschlossen.

Was passiert jetzt mit eurem Erfolgsmodell?
Den Ferrari 458 behalten wir auf jeden Fall. Das hatten wir immer vor. Diese legendären Autos verlieren ja nicht wirklich an Wert. Bei der Nürburgring Langstrecken-Serie werden wir ihn vielleicht Freitags nochmal des Öfteren an der Strecke sehen. Wir planen derzeit ihn in der DMV im Rahmen der DTM einzusetzen. Für mich war wichtig, dass er nicht ganz von der Bildfläche verschwindet.

Wo sind aus deiner Sicht die gravierendsten Unterschiede zwischen dem 458 und dem 488?
Zunächst einmal das Konzept des Motors. Der 458 war der letzte Saugmotor, den Ferrari gebaut hat. Der 488 hat einen Turbo-Motor, auch wieder ein V8, mit zwei Turbo-Ladern. Das Auto ist einfach viel, viel moderner und noch mal ein Stück weit mehr ein Rennauto. Es ist eines der wenigen Autos, die du zu einem GTE umbauen kannst. Das merkst du ihm an, in punkto Elektronik, bei der Traktionskontrolle oder dem ABS. Das ist eine ganz andere Hausnummer. Das wird für unsere Fahrer eine große Umstellung werden. Der neue Wagen hat viel mehr Aerodynamik, in der SP8 mussten wir diese massiv beschneiden. Die reine Leistung betrachtet, ändert sich nichts, der 488 ist einen Tick schneller. In der SP8 mussten wir aufgrund der BOP ja auch schon mit einem Luftmengenbegrenzer fahren, was nur wenige wissen. Im Großen und Ganzen ist der neue Ferrari aber fahrbarer. Er ist gefälliger.

In der SP8 war der Ferrari schon ein gern gesehener Exot. In der SP9 dürfte der Kultstatus des italienischen Rennwagens weiter wachsen…
Das glaube ich auch. Das wollen wir versuchen, auszubauen. Der Ferrari wurde von den Zuschauern in der VLN immer super angenommen. Zudem sind wir ein kleines Team und dass wir dann mit so einem Exoten starten, dadurch haben wir einen besonderen Stellenwert bei den Fans. Die Startnummer wird die #39 sein, in Reminiszenz an das alte Auto haben wir vorne nur die Ziffer eins gestrichen. Das Auto ist neu, es hat auch ein sehr schickes Design. Der 488 wird ein Hingucker sein.

Wie wird die Fahrerbesetzung aussehen?
Das steht noch nicht zu hundert Prozent fest. Es sollen auf jeden Fall drei Fahrer werden. Christian Kohlhaas, der 41 Klassensiege in der VLN hat, wird ebenso wie der Schweizer Nikolaj Rogivue fahren. Er war letztes Jahr bei VLN8 und VLN9 schon mit von der Partie im Ferrari und fährt die komplette Saison durch. Mit Stephan Köhler sind wir in Gesprächen. Ich bin offen für Anfragen.

Was nehmt ihr Euch vor für die Premierensaison in der SP9?
Vor dem 24h-Rennen wird es für uns schwer werden, in der SP9 gegen die ganzen Werke und Werksfahrer anzutreten. Wir tendieren dazu, unabhängig von der Fahrerbesetzung, in der Pro Am zu fahren, da sind sehr wahrscheinlich mehr Starter als in der Am. Sprich, wir würden uns auch hochstufen lassen. Den Schritt würden wir gehen. Wir wollen uns dem Wettkampf stellen und nach Möglichkeit auf dem Treppchen stehen.