Yannick Fübrich und David Griessner sind die VLN-Meister 2019. Mit 67,90 Punkten verwiesen sie die Meister des Vorjahres, Danny Brink, Christopher Rink und Philipp Leisen, mit einem hauchdünnen Vorsprung auf Platz zwei. Die Teamkollegen des Team Pixum Adrenalin Motorsport mussten sich lediglich um 0,12 Punkte geschlagen geben. Das deutsch-österreichische Duo war beinahe unschlagbar in der Cup5-Klasse. Sieben der acht Rennen auf der legendären Nordschleife wurden im BMW 240i Racing Cup gewonnen. VLN.de hat die neuen Titelträger ausführlich befragt. Und dabei so einiges Interessantes in Erfahrung gebracht. Lest selbst, was die Champions uns so alles verraten haben.
Beinahe wäre die sportliche Heimat von David Griessner die Sprungschanze und die Loipe geworden. Denn der 25-Jährige stammt und wohnt nach wie vor in Saalfelden, dort spielt der alpine Wintersport eine große Rolle. Da war der sportliche Weg des Österreichers eigentlich vorgezeichnet. Es kam dennoch ganz anders. „Ich komme aus einer Wintersport-Region und ich bin tatsächlich jahrelang nordischer Kombinierer gewesen bis zum Alter von 15, 16 Jahren. Da das notwendige Talent nicht vorhanden war, habe ich irgendwann aufgehört. Mein Vater war drei Jahrzehnte lang im Formelsport unterwegs. Dadurch wurde mir das Ganze ein wenig in die Wiege gelegt. Als ich vier Jahre alt war, hat er mir ein Kart gekauft. Von da an war ich infiziert mit dem Sport“, erzählt Griessner, der seit 2014 in der VLN am Start ist.
„2013 bin ich in der Division 2 Meister in der ADAC-Procar-Serie geworden. Im Frühjahr 2014 hatte ich kein Team und kein Cockpit und nur sehr begrenzte finanzielle Mittel. Bei VLN2 bin ich damals vor Ort gewesen und habe ein paar Kontakte geknüpft. Ab VLN3 bin ich dann beim rent2drive-Racing-Team die ganze Saison gefahren. Der BMW M235i Racing Cup wurde damals das erste Jahr ausgetragen“, erinnert sich der Mann aus dem Bundesland Salzburg an seine Anfänge in der Eifel. „Und wie das halt so ist mit der Nordschleife, wenn man da einmal gefahren ist, dann will man nichts anderes mehr, weil es so geil ist. 2016 bin ich Meister im Opel Astra-OPC-Cup mit dem Team Lubner Motorsport geworden. Danach ist es immer aufwärts gegangen. 2017 bin ich mit Adrenalin auf Anhieb Dritter im BMW-Cup geworden. Ende des Jahres stieß Yannick Fübrich als mein Teamkollege dazu, wir haben die letzten beiden Rennen gewonnen und da hast du schon gesehen, diese Paarung ist einfach stark.“
Griessner profitierte zweimal von einer glücklichen Fügung
Dabei hätte Griessner unter normalen Umständen gar kein Meister werden können. Gleich zweimal profitierte er von einer glücklichen Fügung des Schicksals. „Bei VLN2 gab es eine Terminüberschneidung, da war ich in Monza bei der GT4 European Series. Das VLN-Rennen wurde aber aufgrund Schneefalls nach einer Runde abgebrochen und nicht gewertet. Hätte der Yannick damals alleine gewonnen, wäre die Meisterschaft für mich schon gegessen gewesen. Es gab aber noch eine weitere Situation. Eigentlich hätte ich bei VLN5 in Zandvoort erneut in der GT4 European Series starten sollen. Das Auto war aber nicht einsatzfähig. Im ersten Moment dachte ich, Mist. Im Nachhinein, sage ich, supergeil, sonst hätte ich die Meisterschaft nicht geholt. Somit hatte ich zweimal extremes Glück. Unglaublich.“
Griessner und Fübrich ergänzten sich in der Saison 2019 ideal. Vielleicht gerade deswegen, weil sie in vielen Punkten unterschiedlich sind. „Man macht sich schon ein wenig verrückt. Du schmiedest Pläne, wie du Problemen möglichst aus dem Weg gehen kannst. Es war eigentlich klar, dass wir gewinnen mussten. Das ganze Jahr über haben wir bewiesen, dass wir das können. Im letzten Rennen war es über zwei Stunden sehr knapp mit dem Sorg-Auto. Nach dem Rennen fand ich es dann aber geil, dass wir den Zuschauern so eine tolle Show bieten konnten“, war Fübrich vor und während des 44. DMV Münsterlandpokals durchaus nervös. Nach dem Gewinn der Meisterschaft war er dann aber nicht mehr zu bremsen: „Irgendwann gingen hier die Lichter an, und dann hat es geheißen, ihr müsst jetzt nach Hause. Ich hatte mir aber wohlweislich ein Zimmer genommen und bin dann erst am nächsten Tag nach Hause gefahren.“ Für Griessner hingegen war nach Fallen der Zielflagge der Tag schnell beendet: „Ich bin früh ins Bett gegangen. Nachdem die Nervosität und Anspannung weg war, war ich so fertig. Das hatte sich über Tage aufgebaut. Erst war die Freude da und dann die Erschöpfung.“
Auch beruflich gibt es keine Parallelen zwischen dem auf der Strecke so harmonischen Paar. Während bei dem einen der ganze Tagesablauf vom Automobil bestimmt wird, hat der andere bewusst eine andere Richtung eingeschlagen. Fübrich baut als Werker die Achsen der schnellen Boliden von Porsche, obwohl er einen BMW pilotiert. „Ich bin dort ein ganz normaler Angestellter, die haben da gar kein Problem mit. Da steht nicht im Vordergrund, was ich für ein Auto fahre. Hauptsache, ich mache meinen Job anständig“, sagt Fübrich, bei dem sich alles immer um den Motorsport dreht. „Wenn ich Zeit habe, und der Hockenheimring ist geöffnet, dann nehme ich an Touristenfahrten und Trackdays teil. Ansonsten bin ich in meiner Werkstatt und baue an Autos rum. Ich habe einen BMW E46 Cabrio, der ist auf Kompressor umgebaut mit einer 3,0-Liter-Maschine, einen Fünf-Zylinder Focus RS und als Langzeitprojekt einen Renault RS mit Rallye-Motor.“
Griessner studiert mittlerweile Jura in Innsbruck
Griessner erlernte zunächst den Beruf eines Automechanikers und übte diesen auch zwei Jahre aus. Dann kam aber die Kehrtwende. „Ich habe die Matura nachgeholt und nun studiere ich im dritten Jahr in Innsbruck Jura. Der Werdegang ist relativ ungewöhnlich. Aber, ich muss ehrlich sagen, als Praktiker habe ich mich nie so wohl gefühlt, wie jetzt als Theoretiker an der Uni. Und man ist flexibel in Bezug auf den Motorsport, denn ich hatte dieses Jahr immerhin 16 Rennwochenenden. Ich möchte später mal bei meinem Vater in der Immobilienfirma arbeiten, da sind meine rechtlichen Kenntnisse sicher gut verwertbar.“
Fübrich, der aus der Nähe von Heilbronn stammt, ist sogar schon seit dem Jahr 2010 Stammgast bei der VLN. „Seit 1999 bin ich jedes Jahr in irgendeiner Serie gestartet, ich bin von klein auf dabei. Als ich für das Kart zu groß wurde, bin ich Formel Gloria in Italien und Formel Masters am Hockenheimring gefahren. Vom DMSJ gab es damals eine Jugendförderung am Nürburgring, die ich nach einer Sichtung bekommen habe. Nach drei oder vier Läufen RCN kam Landgraf Motorsport auf mich zu und hat gefragt, ob ich keine Lust hätte, VLN zu fahren in der V4 auf einem BMW 325i. So hat sich eines nach dem anderen ergeben, zu guter Letzt bin ich vor zweieinhalb Jahren bei Adrenalin Motorsport gelandet“, sagt der 27-Jährige, der mittlerweile auf insgesamt 21 Klassensiege, drei mehr als Griessner, kommt.
Fübrich/Griessner waren vor allem so erfolgreich, weil sie einen ausgeklügelten Plan hatten. Die Strategie war ausgereift. „Mit jedem Kilometer wird man schneller, wir haben immer weiter daran gearbeitet das Auto und das Setup zu verbessern. Das, was schon gut war, haben wir perfektioniert. Mit unserer Strategie waren wir unschlagbar. Du lernst deine Gegner kennen und stellst dich auf sie ein in der jeweiligen Rennsituation. Ich habe mir die Onboards aller Konkurrenten angeschaut, habe auch nach meinen Fehlern gesucht und versucht, sie auszumerzen. Das hat dieses Jahr ganz gut geklappt“, sagt Fübrich und Griessner ergänzt: „Man hat in der Vergangenheit gesehen, dass du, um Meister zu werden, fast alles gewinnen musst, außer in der V4, weil die extrem viele Starter haben. Klar, wollten wir Meister werden, das primäre Ziel war es aber, einfach bei jedem Rennen einen guten Job abzuliefern. Das haben wir perfekt hinbekommen.“
Fübrich begann mit Doppelstint, Griessner fuhr den Schluss
Und auch die Rollen im Team waren klar verteilt. Fübrich nahm regelmäßig im Grid im Auto Platz. Griessner brachte das Ganze dann routiniert nach Hause. Insofern entpuppten sich die Piloten des Teams Adrenalin Motorsport als kongeniales Duo. „Ich bin ein sehr ruhiger Typ, ich fahre nie auf Kontakt. Ich versuche immer, mich auf die jeweilige Situation im Rennen einzulassen. Ich fahre dennoch hart, aber mein Motto ist, leben und leben lassen. Ich bin ein sehr starker Startfahrer und kann sehr gut mit Druck umgehen. Der David ist ein sehr konstanter Fahrer, der auch alleine, ohne Gegner, sehr schnell fahren kann. Deswegen hat es sich so ergeben, dass ich am Anfang immer den Doppelstint absolviert habe und der David dann den Schluss“, so Fübrich.
Griessner gibt deckungsgleiches zu Protokoll: „Wir sind beide auf einem extrem hohen Niveau, aber wir sind auch beide sehr konstant. Das ist in der VLN im Endeffekt der Schlüssel. Es gibt nicht so viele gleich schnelle Paarungen. Im Sinne des Erfolges haben wir geschaut, wo liegen die Stärken des Einzelnen. Der Yannick ist ein sehr guter Startfahrer, weil er sehr stark im Zweikampf ist. Ich kann alleine sehr schnell fahren, das ist auch eine wichtige Fähigkeit. Ohne den Vergleich mit den Konkurrenten, musst du trotzdem schnelle Rundenzeiten fahren können. Das Auto fehlerfrei ins Ziel bringen, das kann ich zudem sehr gut.“
Während Fübrichs sportliche Heimat mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin die weltweit größte Breitensportserie sein wird, gibt sich Griessner auf seine motorsportliche Zukunft angesprochen ein wenig bedeckt. Bereits 2019 war der Österreicher ja auch schon in der GT4 European Series und in der GT4 Germany aktiv: „Ich kann nichts ausschließen. Mein Ziel ist es, im nächsten Jahr GT3 zu fahren. Ich bin da aber noch in der Planungsphase. Momentan ist alles möglich. Prinzipiell möchte ich der VLN treu bleiben, weil es mir einfach Spaß macht und eine coole Sache ist.“