Exoten aus dem Land der aufgehenden Sonne

Ring Racing beweist in der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring seit fast einem Jahrzehnt, dass es nicht immer ein Porsche, BMW oder Audi sein muss. Das in Boxberg unweit der legendären Rennstrecke beheimatete Team setzt auf die asiatische Alternative, auf das Premium-Segment der Toyota Motor Corporation. Der Lexus ISF, die viertürige Limousine, und sein sportliches Pendant, das Lexus Coupé RCF, sind gern gesehene, seltene Klassiker rund um Hatzenbach und Brünnchen.

2007 nahm die Geschichte ihren Anfang. Uwe Kleen, der zusammen mit seinem Bruder Meino als Teamchef agiert, erinnert sich: „Toyota Gazoo Racing hat damals am Ring getestet und wir haben über Nacht mit Dreh- und Frästeilen aus der Patsche geholfen. So kam der erste Kontakt zustande. 2008 haben wir dann den ersten ISF auf Basis eines Straßenmodells für Toyota Motor Europe umgebaut. Seit dem Jahr 2012 starten wir mit dem ISF, der RCF kam 2014 dazu. Die Qualität der Japaner hat uns schnell überzeugt.“

Allerdings hat es Ring Racing mit den Exoten nicht immer leicht. Deutschland wird da schnell zum Land der begrenzten Möglichkeiten. „Der Markt ist schwierig für die Japaner. Die VLN umso mehr. Sie sagen, ihr möchtet ein Breitensport-Gerät, das jeder fahren kann, auf der anderen Seite fahren in manchen Klassen Flugzeuge mit, gegen die wir nicht gewinnen können. Deswegen haben sie sich ein wenig zurückgezogen. Wir haben aber noch die Unterstützung für technische Fragen direkt in Japan. Beim Support und der Teilebeschaffung arbeiten wir eng mit der Toyota Motorsport GmbH zusammen. Ansonsten sind wir eigenständig, die Autos gehören alle uns. Wir machen das mit unserem Partner Novel zusammen, einer kleinen Tuning-Bude aus Japan, die gut vernetzt ist“, erklärt Kleen.

Unzerstörbare Panzer aus Japan
Die vierrädrigen Ausnahmeerscheinungen aus dem Land der aufgehenden Sonne möchte er dennoch nicht missen. „Das, was wir beim BMW M4 GT4, den wir ja auch fahren, an Wartungsintervallen haben, das kennen wir beim Lexus nicht. Lexus bedeutet: Waschen, Ölwechsel, weiter fahren. Und das macht es halt für den Kunden so einfach. Die Automatikgetriebe, die Motoren, die Radlager, das ist alles unzerstörbar. Normale Schäden an den Autos, wie bei anderen Teams, die gibt es bei unseren Panzern nicht. Der Lexus ist perfekt für mittlere Anfänger, die gerade Permit A gemacht haben. Du kannst ein schnelles Auto mit Traktionskontrolle und ABS fahren, das einfach zu handlen ist. Du kannst dich komplett auf dich und die Strecke konzentrieren. Für mich ist es ein V-Auto mit Leistung.“

Die Lexus haben noch die Standard-Motoren unter der wuchtigen Haube und besitzen ein Acht-Stufen-Wandler-Automatikgetriebe, das im M-Modus gefahren wird. Deswegen gibt es zwei Zusatzkühler vorne in der Schnauze, um eine Überhitzung zu vermeiden. Aufgrund des Reglements in der SP8, das ein Maximum von sieben Gängen vorschreibt, ist der erste Gang wegprogrammiert. „Das heißt, wir fahren im zweiten Gang an. Ein stehender Start wäre insofern ganz schwierig für uns.“ Beim RCF ist der Schwerpunkt ein bisschen tiefer und der Motor hat von Haus aus 40 PS mehr als der ISF mit seinen 450 PS. „Leider ist in der SP8 nur der Serienkrümmer erlaubt. Alle Autos heutzutage haben einen Fächerkrümmer, der die Motorleistung und den Drehmomentverlauf verbessert, nur der Lexus hat das nicht. Deswegen sind wir da mit dem 5-Liter-V8-Saugmotor am Limit. Um das Gewicht zu reduzieren, müssten wir wirklich Geld in die Hand nehmen. Das Getriebe wiegt mit Öl 96 Kilogramm, was ein Haufen Zeug ist. Ein sequentielles Getriebe würde weniger als die Hälfte wiegen. Somit sind wir kaum konkurrenzfähig“, sagt Kleen.

Ein europaweites Alleinstellungsmerkmal
Dank der Lexus-Boliden ist der Bekanntheitsgrad von Ring Racing in der japanischen Motorsportgemeinde allerdings hoch. „Es ist ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn du einen BMW fährst, bist du einer von 50 und bei Porsche einer von 100. Das möchten wir nicht. Wir sind europaweit die einzigen, die diese Fahrzeuge an den Start bringen. Das gibt es ansonsten außerhalb von Japan nicht. Wir fühlen uns der Marke und dem Land auch sehr verbunden“, sagt Kleen. Das Schlüsselwort dafür heißt „Omotenashi“ und steht für die japanische Gastfreundschaft, die einem Fremden jeden Wunsch erfüllen möchte, bevor er überhaupt ausgesprochen ist. „Das hat viel mit Respekt, Zusammenhalt und Harmonie zu tun. Das gibt es in Deutschland leider nicht mehr so viel. Die Japaner leben es uns vor.“

2020 wird es bei Ring Racing auf jeden Fall mit dem Lexus RCF, dem Lexus ISF und auch einem Toyota GT86 weitergehen. „Wir würden auch gerne mit einem Supra fahren. Da gibt es aber einige Fragezeichen. Er kommt nächstes Jahr als GT4, von der Toyota Motorsport GmbH entwickelt, auf den Markt. Aber das Budget und die Fahrer dafür zu finden, das wird schwierig“, sagt Kleen.

Die Nordschleife und die VLN werden aber laut Uwe Kleen definitiv die motorsportliche Heimat des Teams bleiben. „Wir leben und arbeiten in direkter Nähe. Seit 1997 fahren wir hier in der Eifel Rennen. Der Reiz ist immer geblieben. Ich habe als Fahrer noch nie die perfekte Runde geschafft. Wenn du hier oben gefahren bist, und fährst dann nach Hockenheim oder zum Lausitzring, dann hast du nach drei Runden die Schnauze voll. Das ist einfach langweilig. Unsere Kunden mögen das familienfreundliche Tagesformat der VLN. Und du kannst dich als Team auf eine Strecke konzentrieren und machst trotzdem immer wieder was Neues.“