„Die perfekte Runde zu jagen, macht süchtig“

David Pittard sorgte bei VLN6 für die Überraschung. Der 26 Jahre alte Brite fuhr den BMW M6 GT3 von Walkenhorst Motorsport auf die Pole Position. Auf seiner letzten Runde gelang dem Mann aus Hertfordshire der Bestwert in 7:57,491 Minuten. Pittard schaffte dieses Kunststück in seinem erst fünften VLN-Start. Wir haben mit dem aufstrebenden Piloten gesprochen.

Wie war deine Karriere bisher im Motorsport? Was waren deine Erfolge?

Ich fahre seit 18 Jahren mit Kart- und GT-Autos Rennen, sowohl moderne als auch historische Fahrzeuge. Ich bin drei Jahre lang etwas kürzer getreten, weil ich einen Universitätsabschluss in Motorsport-Technik gemacht habe. Ich konnte trotzdem einige Erfolge feiern. Unter anderem war ich 2012 britischer Langstreckenmeister in einem Porsche Carrera Cup, 2014 Zweiter im Ginetta GT4 Supercup und im letzten Jahr Dritter in der britischen GT4-Meisterschaft.

Wie bist du als britischer Fahrer in der VLN gelandet?

Ich wollte schon immer Langstreckenrennen fahren, seitdem ich denken kann. Ich bin in Großbritannien Endurance- und GT-Rennen gefahren, aber ich wollte den nächsten Schritt machen. Die VLN ist eine der größten Herausforderungen für jeden GT-Rennfahrer. Die Serie fährt auf der ultimativen Strecke, die die besten Teams, Fahrer und Hersteller aus der ganzen Welt anzieht. Seit ich 2014 die Universität verlassen habe, habe ich meinen Lebensunterhalt als Coach und Rennfahrer bestritten. Mein Karriereziel ist es, GT-Werksfahrer in einem Top-Team zu werden. Ich bin zur VLN gekommen, um mich mit den besten GT-Fahrern der Welt zu messen. Ich will mir beweisen, dass ich das erreichen kann.

Wie ist dein Eindruck von der legendären Nordschleife?

Auf der Welt gibt es nichts Vergleichbares. Ich bekomme schon Gänsehaut, wenn ich nur an der Strecke ankomme. Die schiere Länge der Strecke, die mehr als 170 Kurven, der Höhenunterschied, die Unebenheiten, die blinden Kuppen, das Wetter. All dies ist beeindruckend, bevor du überhaupt das Rennen angefangen hast. Wenn du jetzt noch die Fähigkeiten und den Einsatz der Fahrer und die Anzahl der anderen Autos auf der Strecke hinzufügst, hast du eine wirklich einzigartige Herausforderung. Dieser Mix fordert alle Facetten eines Fahrers. Einschließlich der Fähigkeit mit seinem gesamten Team zu arbeiten. Jede Runde auf dem Ring ist anders. Die perfekte Runde zu jagen ist so hart, aber es macht so süchtig.

Wie hast du dich auf den Kurs in der Eifel vorbereitet?

Ich bin zuerst mit Gran Turismo über die Nordschleife gerast. Ich übe seit zehn Jahren mit dieser Simulation. Es ist cool, dass das Playstation-Auto jetzt mein Teamkollege ist. Im letzten Jahr habe ich hier mit meinem Freund Graham Wilson am Oldtimer-Grand-Prix teilgenommen. Er hat mir dabei geholfen, den Grand-Prix-Kurs kennenzulernen. Nachdem ich wusste, dass ich in diesem Jahr in der VLN starte, habe ich mit Graham ein paar Trackdays absolviert. Und ich bin die Strecke am Simulator gefahren, wann immer ich konnte.

Wie hast du es geschafft, in deinem erst fünften VLN-Rennen auf die Pole zu fahren? Hattest du das erwartet?

Die beiden Teams, mit denen ich gefahren bin, Jaco´s Paddock und Walkenhorst Motorsport, haben mir sehr dabei geholfen, auf dieser Strecke wettbewerbsfähig zu sein. Meine Teamkollegen Rudi Adams und Andreas Ziegler haben mir großzügigerweise viele wertvolle Daten und Videos zur Verfügung gestellt. Ich habe versucht, so viel wie möglich daraus zu lernen. Nach meinen beiden Qualifikationsläufen in VLN4 und 5 fühlte ich mich im GT3-Tempo wohl. Meine Sektorzeiten waren gut, aber ich brauchte eine freie Runde –  das Gebet eines jeden VLN-Rennfahrers. Das heißt, man muss nach einer freien Strecke am Ende des Qualifyings Ausschau halten. Deshalb bat ich das Team, den BMW M6 spät in die Session für VLN6 zu nehmen. Sie stimmten zu und ich konnte ihr Vertrauen zurückzahlen, da ich die freiere Spur für die Runde nutzte. Ich habe hart gearbeitet, um dahin zu kommen, wo ich bin. Mein Ziel für VLN6 war es, unter die ersten Acht zu kommen. Ich war sehr froh, dies zu erreichen. Aber, ich war wirklich glücklich, als das Team mir sagte, dass ich auf P1 stehe. Ich konnte es erst gar nicht glauben.

Was macht dich als Rennfahrer aus?

Ich kann gut mit den Mechanikern kommunizieren und ich bin sehr vielseitig. Immer wenn ich ein neues Auto oder eine neue Strecke fahre, komme ich schnell auf Touren. Ich bin sehr schnell im Verkehr und konnte schon immer Rennsituationen gut zu meinem Vorteil lesen. Dies sind zwei der vielen Stärken, die auf dem Nürburgring benötigt werden. Die Tatsache, dass ich ein ausgebildeter Ingenieur bin, bedeutet, dass ich verstehe, was im Auto passiert. Das hilft viel, wenn man mit den Ingenieuren spricht und die Daten betrachtet. Ich glaube, dass diese Fähigkeiten mich auch zu einem guten Coach machen, so dass ich anderen Fahrern und meinen Teamkollegen helfen kann.

Wie waren vorher deine Erfahrungen mit einem GT3 oder dem M6?

Ich bin den Walkenhorst M6 beim Training zu VLN4 im Juni gefahren, das war mein erstes Mal in einem GT3-Auto. Alle sagten, ich sei verrückt, dass ich ein GT3-Auto ausgerechnet auf der Nordschleife das erste Mal fahren wolle. Aber ich war zuversichtlich, dass ich die Herausforderung meistere.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus? 

Ich möchte auch 2019 und 2020 in der VLN starten. Ich würde auch gerne mal einige der anderen großen GT3-Meisterschaften ausprobieren, wie zum Beispiel die Blancpain Endurance & Sprint Serie. Mein großer Traum ist es, die drei großen 24-Stunden-Rennen, am Nürburgring, in Spa und Le Mans zu gewinnen. Also muss ich es schaffen, Werksfahrer zu werden.