Rekordhalter Ralf Schall im Interview über seine Vergangenheit und Zukunft in der VLN.

„Der Opel war das geilste und schönste Auto“

Sein Name ist alles andere als Schall und Rauch. Denn er hat schon für den einen oder anderen sportlichen Knall in der VLN gesorgt. Obwohl er privat und als Pilot beileibe kein Lautsprecher ist. Die Rede ist von Ralf Schall. Der 48-Jährige ist bei der 49. Adenauer ADAC Rundstrecken-Trophy von Null auf Hundert durchgestartet. Genau genommen dauerte es 24 Jahre, bis der Dornstädter diese einmalige Bestmarke erreichte. Schall feierte in der H4 mit einem Porsche 997 GT3 Cup seinen 100. Klassensieg in der weltweit größten Breitensportserie. Ein rasanter Rekord. Die fünf Gesamtsiege und 62 Wertungs-Gruppensiege sind weitere Qualitäts-Nachweise. VLN.de hat den Rekordhalter interviewt. Schall schaut dabei zurück auf besondere Momente und außergewöhnliche Autos.

Du hast die Hunderter-Marke bei VLN 4 geknackt. Was hast du in den letzten Minuten des Rennens gedacht?

In den letzten beiden Runden ist mir einiges aus den letzten 24 Jahren durch den Kopf gegangen. Der erste Sieg war ja gleich ein Gesamtsieg. Im März bei widrigen Wetterbedingungen. Schall und Schneefall stand damals in der Zeitung. Das war etwas Besonderes. Von den 100 Siegen waren 99 mit dem eigenen Auto oder dem eigenen Team. Die eine Ausnahme war mit dem BMW 235i Cup von Michael Bonk. Da bin ich stolz drauf.

Erinnerst du dich noch an dein erstes Rennen?

Ja, das war 1989 im Veedol-Langstreckenpokal mit einem Honda Civic zusammen mit Günter Kühlewein, der auch bei der Rallye-Monte-Carlo gestartet ist. Er hat mich damals als Junior mitfahren lassen. Das war auch meine erste Begegnung mit der Nordschleife. Vorher hatte ich nur einen eintägigen Lehrgang gemacht. Da bin ich gleich ins kalte Wasser geworfen worden. Das war ein tolles Gefühl. Ich kam ja aus dem Motocross und war vorher auch kein Kart gefahren. Da hatte ich mir die Hörner abgestoßen. Beim Motocross war bei jedem Start, wo irgendwas war, der Schall mittendrin. Wenn es eine Kollision oder ähnliches gab. Mit einer gewissen Routine zieht man sich dann auch mal zurück, wenn es keinen Sinn macht, oder puscht wenn es Sinn macht. Diese Erfahrung muss jeder Rennfahrer machen. Die Anfängerfehler habe ich dann mit den vier Rädern nicht mehr begangen. Ich bin ruhig und besonnen ins Auto eingestiegen, dann hat es auch gut funktioniert.

Bleibt der erste Sieg am ehesten im Gedächtnis haften?

Ja, der erste Sieg war schon ein außergewöhnliches Erlebnis. Wir hatten das gleiche Auto wie Olaf Manthey und Ulli Richter. Wir hatten keine Ahnung von dem Auto. Wegen Schneefall wurde das Rennen zwei Runden vor dem Ende abgebrochen. Aber, danach kam ja auch noch einiges. Für mich die Highlights waren die fünf Gesamtsiege mit dem Mercedes 190 Evo II, zwei davon beim Sechs-Stunden-Rennen. Mit meinem Vater zusammen habe ich 79 Siege geholt. Da bin ich auch sehr stolz drauf. Genau Buch geführt habe ich nicht. Aber, ich bin 250 Rennen zirka gefahren, davon über 200 mit meinem Vater. Eine derart konstante Fahrerpaarung gibt es in der VLN sehr selten.

Wie wichtig ist die Erfahrung auf der legendären Nordschleife?

Heutzutage kommen viele auf die Strecke, die den Ring vom Computerspiel her schon kennen. Ich habe das auch mal probiert. Aber, auf der echten Nordschleife bin ich besser als auf dem Simulator. Die Erfahrung ist unbezahlbar. Erst muss man mal wissen, wo es hingeht. Dann kommen die unterschiedlichen Wetterverhältnisse hinzu. Wo steht das Wasser, wo nicht. Da habe ich mir in den vielen Jahren einiges angeeignet.

Anfang 2004 hast du dann mit dem Opel Astra V8 Coupé für Aufsehen gesorgt…

Vorher hatte ich ja schon viele tolle Duelle in der VLN mit Volker Strycek mit seinem roten Omega. Er hatte einen guten Draht zu Opel, wir haben uns unterhalten und so kam das zustande. Und dann habe ich einige schöne Klassensiege mit ihm zusammen eingefahren. Wenn die Dinge normal laufen, wird er mich in diesem Jahr in dieser Statistik sicher auch noch distanzieren. Mit dem Opel waren wir 15 Mal auf dem Gesamtpodium, wir waren nie ganz oben. Aber, es war eine wunderschöne Zeit. Ich bin viele Rennautos gefahren, einen Lamborghini, einen SLS, einen Alpina, viele, viele kleine Autos und jetzt ja auch noch einen Porsche. Aber, der Opel war das schönste und geilste Auto, das ich bisher gefahren bin.

Volker Strycek hat momentan nur zwei Klassensiege weniger als du. Wie ist euer Verhältnis? Ist er ein Konkurrent oder blüht der Flachs?

Ich finde es schön, dass wir beide oben in der Liste stehen. Da ist über die Jahre mit ihm und seiner Familie eine sehr gute Freundschaft entstanden. Einen Konkurrenzgedanken kennen wir nicht. Ich habe höchsten Respekt, was er alles erreicht hat. Er hat noch nie gesagt, warte ab, ich hole dich noch ein, aber er wird es sicherlich denken.

Aktuell fährst du mit Christopher Gerhard in der H4-Klasse einen Porsche 997 GT3 Cup… 

Wir fahren seit diesem Jahr als Schall Racing. Das Team besteht aus meiner eigenen Familie und alten Bekannten, die teilweise seit über 30 Jahren mit mir und meinem Vater Motorsport machen. Das freut mich sehr. Diese Zusammenarbeit mit den Leuten, die mir die Stange gehalten haben, auch wenn es mal nicht so gut lief, die ist wichtiger als jeder Sieg.

Wie lange dürfen sich die Fans der VLN den noch an den Renneinsätzen von Ralf Schall erfreuen?

Ich bin jetzt 48, ich fühle mich wie 28. Ich weiß nicht, wie lange das noch geht. Aber, ich will auf der Nordschleife noch viele, viele Jahre fahren. Ich hoffe, ich werde der VLN die nächsten 20 Jahre erhalten bleiben. Es macht mir großen Spaß. Mein Wunsch wäre es, dass es irgendwann mal wieder einen Sieg der Familie Schall gibt. Die Ansätze sind da. Meine drei Töchter und mein Sohn, die sind jetzt zwischen sieben und 16 Jahre alt, sind ja alle im Kart unterwegs. Das ist auch der Grund, dass ich in diesem Jahr nicht alle VLN-Läufe fahren werde. Ich habe ja schon zweimal ausgesetzt. Ob meine Kinder dann VLN fahren wollen, wird sich zeigen, aber ich kann es mir sehr gut vorstellen. Es würde mich wundern, wenn es anders wäre.

Was macht dein Vater Andreas? Schaut er dir jetzt regelmäßig zu bei den Rennen in der VLN?

Er ist noch topfit. Er ist jetzt 79 Jahre alt und er arbeitet ja auch noch bei uns im Mercedes-Autohaus. Er hat den Helm noch nicht an den Nagel gehängt, aber er ist nicht mehr im Einsatz. Zuschauen ist nicht sein Ding. Er fiebert von zu Hause aus immer mit. Er lässt sich alle Infos geben.

Gibt es für den Herbst der Karriere noch Ziele?

Der Spaß steht im Vordergrund. Wenn ich fahre, möchte ich gewinnen. Ein Sieg macht mehr Spaß wie kein Sieg. Eine bestimmte Marke oder ein großes Ziel setze ich mir nicht. Vielleicht fällt mir noch eins ein. Mit dem Mercedes war ich 30 Mal und mit dem Opel 15 Mal auf dem Gesamtpodium. Also zusammen fast ein drei Dutzend Mal. Das ist heutzutage viel schwieriger zu erreichen aufgrund der Leistungsdichte.